Mittwoch, 27. November 2024

Agora EnergiewendeDas Energiesystem wird dezentraler

[03.03.2017] Unser Energiesystem wird zunehmend dezentraler, eine Entwicklung, die nicht mehr unbedingt zu der Forderung nach mehr Netzausbau passt. Agora Energiewende hat jetzt einen Sammelband zum Thema Dezentralität erstellt, der vor allem eine Grundlage für die weitere politische Debatte bieten soll.
Mit dem Band Energiewende und Dezentralität will Agora Energiewende laut eigenen Angaben eine Grundlage für die politische Debatte liefern.

Mit dem Band Energiewende und Dezentralität will Agora Energiewende laut eigenen Angaben eine Grundlage für die politische Debatte liefern.

(Bildquelle: Agora Energiewende)

Die Denkfabrik Agora Energiewende hat jetzt den Sammelband Energiewende und Dezentralität veröffentlicht, an dem sowohl eigene Experten als auch hinzugezogene Fachleute gearbeitet haben. Ein Ergebnis der Analyse ist, dass sich die Dezentralität mit der Energiewende zu einem dauerhaft prägenden Strukturmerkmal des Energiesystems entwickelt, diese Entwicklung aber nicht mehr zu dem bisherigen Konzept einer ausschließlich zentralen Steuerung mit immer mehr Netzausbau kompatibel ist. Dabei treiben die Schlüsseltechnologien der Energiewende wie Wind, Solar, Batteriespeicher und Digitalisierung einerseits sowie in der Gesellschaft verankerte politische, ökonomische und soziale Präferenzen für Eigenversorgung und Regionalität andererseits die Entstehung dezentraler Strukturen voran, folgert Agora. Deshalb benötigt das neue Strom- und Energiesystem laut dem Think Tank einen eigenen Ordnungsrahmen für Dezentralität. Dieser müsse Ordnung in das Chaos im Bereich der dezentralitätsbedingten Ausnahmen bei Entgelten, Steuern, Abgaben und Umlagen bringen.
Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende, sagt: „Dezentralität ist kein Wert an sich. Aber angesichts von dauerhaft erwartbaren Netzengpässen und aufgrund von sozialen oder politischen Präferenzen für Regionalität können dezentrale Strukturen Mehrwert generieren.“ Allerdings fehle ein entsprechender Rahmen, in dem dezentrale Lösungen den zentralen Strommarkt sinnvoll ergänzen können. Vorteile sieht Agora Energiewende im vermiedenen Netzausbau – hierfür fehle jedoch bisher ein monetäres Maß – oder in der Befriedigung des Bedürfnisses nach Regionalität, für das es ebenfalls keinen Marktrahmen gebe.

Stromregionen gefordert

In dem Sammelband werden die nach Auffassung der Autoren sechs prägenden Aspekte des Themenfeldes beleuchtet. Diese seien die Rolle der Eigenversorgung, die regionale Verteilung von Stromerzeugung und -verbrauch, die regionale Vermarktung von Ökostrom, regionale Smart Grids und Smart Markets, die Rolle kleiner Akteure mit dem Fokus auf der Bürgerenergie und schließlich die Rolle kommunaler Energieversorgung.
Diese Aspekte werden wiederum in Bezug auf das Stromnetz sowie in ihrer ökonomischen, sozialen und politischen Dimension analysiert. Es werden Chancen und Risiken abgeleitet und hieraus erste Handlungsvorschläge unterbreitet. Als Konsequenz fordert Graichen, das Stromsystem perspektivisch in eine klare Struktur aus drei Ebenen zu überführen, für die Abgaben und Umlagen gesondert geregelt sind. Dies wären eine untere Ebene, in der Strom vor Ort und ohne Rückgriff auf das öffentliche Netz erzeugt und verbraucht wird – so genannter Eigenverbrauch/Mieterstrom –, eine mittlere Ebene innerhalb einer Stromregion und schließlich eine überregionale, auch transnationale Ebene für den überregionalen Ausgleich von Erzeugung und Verbrauch. Neu an dem Konzept sei vor allem die Einrichtung von Stromregionen, in denen bei Netzengpässen ein regionaler Ausgleich von Erzeugung und Verbrauch stattfindet und neue regionale Märkte entstehen können.
Jetzt sei die Politik gefordert, so Graichen: „Eine zukunftsfähige Energiewendepolitik muss die Dezentralitätskomponente als wichtiges neues Strukturelement der Energiewirtschaft aktiv gestalten und sie zügig in den energiewirtschaftlichen Regulierungsrahmen integrieren.“



Stichwörter: Politik, Agora Energiewende


Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Politik
Das Bild zeigt das Gaskrafterk Irsching.

Kraftwerkssicherheitsgesetz: Die Politik ist gefordert

[25.11.2024] Ein Referentenentwurf für ein Kraftwerkssicherheitsgesetz liegt vor, berichten Medien. Er sieht neben neuen Regelungen für wasserstofffähige Gaskraftwerke auch eine Verlängerung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes vor. Der BDEW betont den dringenden Handlungsbedarf für die Energieversorgung. mehr...

Projekt PaDiSo: Tipps für die lokale Energiewende

[14.11.2024] Forscherinnen des Projekts PaDiSo haben Handlungsempfehlungen für deutsche Kommunen entwickelt, um sie bei der Gestaltung eines klimaneutralen Energiesystems zu unterstützen. Ziel ist es, kommunalen Akteuren praxisnahe Instrumente und Strategien an die Hand zu geben. mehr...

Das Bild ist ein Porträtfoto des schleswig-holsteinischen Energieministers Tobias Goldschmidt

Energieministerkonferenz: Der Geist von Brunsbüttel

[11.11.2024] Die Energieministerkonferenz in Brunsbüttel hat mit der „Brunsbütteler Erklärung“ einen deutlichen Appell an die Bundesregierung verabschiedet: Die Ministerinnen und Minister fordern spürbare Entlastungen bei den Strompreisen, eine zügige Umsetzung der Gesetze und eine klare Strategie für erneuerbare Energien und Biomasse. mehr...

Das Bild ist ein Portätfoto von Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung.

BDEW: Energiebranche besorgt über Ampel-Aus

[07.11.2024] Nach dem Bruch der Ampelkoalition warnt der BDEW vor den Folgen für die Energiepolitik. Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, mahnt schnelles und einvernehmliches Handeln an. mehr...

Auf dem Bild ist ein Umspannwerk zu sehen, im Vordergrund zwei Personen, die sich über einen Plan beugen.

Bundesregierung: KRITIS-Dachgesetz beschlossen

[07.11.2024] Die Bundesregierung hat den Entwurf des KRITIS-Dachgesetzes beschlossen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser betont die Notwendigkeit des Gesetzes, um Deutschland widerstandsfähiger gegen Krisen und Katastrophen zu machen. mehr...

Auf dem Bild sind Michael Maxelon, Vorstandsvorsitzender der Mainova AG, Hessens Energie- und Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori und Frankfurts Oberbürgermeister Mike Josef zu sehen. Sie halten ein Plakat in Händen, das das Konzept der Energiewendeviertel illustriert.

Frankfurt am Main: Energiezukunft gemeinsam gestalten

[05.11.2024] Bei einer Veranstaltung der Mainova diskutierten Frankfurts Oberbürgermeister Mike Josef und Hessens Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori über den geplanten Ausbau der Strom- und Wärmenetze in Frankfurt. mehr...

Barcamp 2023 in der SMA Solar Academy. Foto: Heiko Meyer

Energieblogger: Energiewende in Krisenzeiten

[05.11.2024] Wie kann man Menschen trotz globaler Krisen und Konflikte für die Energiewende gewinnen? Mit dieser Frage beschäftigt sich das 12. Barcamp Renewables Mitte November in Kassel. mehr...

Stuttgart: Status zur Wärmeplanung

[30.10.2024] Die Landeshauptstadt Stuttgart plant bis 2035 eine klimaneutrale Wärmeversorgung und erhält Unterstützung durch das Regierungspräsidium. In einer Ausschusssitzung berichteten Verantwortliche über den Status und die Herausforderungen dieser nachhaltigen Wärmeplanung. mehr...

Die Säulen-Grafik zeigt die Entwicklung der installierten Leistung Erneuerbarer-Energien-Anlagen von 2023 bis 2029.

EWI-Gutachten: Milliardenanstieg bei EEG-Förderungen

[28.10.2024] Die EEG-Förderung für erneuerbare Energien könnte bis 2025 auf über 18 Milliarden Euro steigen – fast eine Milliarde mehr als 2023. Bis 2029 wird eine Verdoppelung der Erzeugungskapazitäten in Deutschland prognostiziert, die Förderzahlungen könnten auf über 23 Milliarden Euro steigen. mehr...

Das Bild zeigt Module einer Freiflächen-Photovoltaikanlage, imHintergrund sind Windräder zu sehen.

Bund-Länder-Kooperationsausschuss: Erneuerbare nehmen Fahrt auf

[28.10.2024] Der Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland hat im vergangenen Jahr kräftig zugelegt und das Vorjahresniveau deutlich übertroffen. Allerdings bleibt der Ausbau der Windenergie hinter den Erwartungen zurück. mehr...

AEE: Hintergrundpapier zu regelbaren Kraftwerken

[28.10.2024] Um die Stromversorgung in Deutschland auch künftig stabil zu halten, sind ergänzend zu erneuerbaren Energien regelbare Kraftwerke notwendig. Dies zeigt ein neues Hintergrundpapier der AEE. mehr...

Sachsen-Anhalt: Ressortplan Klima beschlossen

[25.10.2024] Das Kabinett von Sachsen-Anhalt hat jetzt einen neuen Ressortplan Klima verabschiedet, der 75 Maßnahmen zur Förderung des Klimaschutzes umfasst. Umweltminister Willingmann betonte, dass trotz sinkender Treibhausgasemissionen zusätzliche Anstrengungen notwendig seien, um die Klimaziele zu erreichen. mehr...

Eine Freiflächensolaranlage.

Bremen: Stadtteile sollen direkt profitieren

[17.10.2024] In Bremen soll künftig ein Teil der Erträge von Windkraft- und Freiflächensolaranlagen direkt an die naheliegenden Quartiere fließen können. Dabei handelt es sich um eine freiwillige Abgabe der Anlagenbetreiber, mit denen die Bremer Senatorin für Umwelt, Klima und Wissenschaft entsprechende Verträge abschließen kann. mehr...

Die Grafik symbolisiert Zukunftsszenarien für die Energiewende, die sowohl technische als auch soziale Aspekte einbeziehen. Die in blau gehaltene Grafik zeigt Gebäude, Windräder und Strommasten.

Studie: Elektrifizierung im Fokus

[14.10.2024] Wie Deutschland bis 2045 ein klimaneutrales Energiesystem erreichen kann, haben Forscher des KIT, des DLR und des Forschungszentrums Jülich in einem neuen Bericht vorgestellt. Sie betonen die Bedeutung der Elektrifizierung und des Ausbaus der erneuerbaren Energien als zentrale Bausteine der Energiewende. mehr...

Zu sehen ist das historische Rathaus der Stadt Braunschweig.

Braunschweig: Erfolge bei Energieeinsparungen

[11.10.2024] Die Stadt Braunschweig hat einen Energiebericht für ihre städtischen Gebäude vorgelegt. Er dokumentiert, wie die Stadt in den vergangenen Jahren ihren Energieverbrauch und CO2-Ausstoß senken konnte. mehr...