Freitag, 22. November 2024

Stadtwerke WunsiedelAuf dem Weg zur Energieautonomie

[13.02.2017] Im oberfränkischen Wunsiedel wird die Energiewende vor Ort vorbildlich umgesetzt. Dafür erhielten die Stadtwerke Wunsiedel den Stadtwerke Award 2016. stadt+werk sprach mit Geschäftsführer Marco Krasser über den Wunsiedler Weg Energie 2.0.
Marco Krasser: Die Akzeptanz der Bürger für Veränderungen erreichen wir mit deren aktiven Beteiligung.

Marco Krasser: Die Akzeptanz der Bürger für Veränderungen erreichen wir mit deren aktiven Beteiligung.

(Bildquelle: SWW Wunsiedel)

Herr Krasser, die Stadtwerke Wunsiedel haben den ersten Preis beim Stadtwerke Award 2016 erhalten. In der Begründung der Jury heißt es, Ihr Unternehmen liefert eine Blaupause für eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende. Wie sieht diese aus?

Der Wunsiedler Weg Energie 2.0 ist ein ganzheitlicher Ansatz zur lokalen Umsetzung der Energiewende. Unsere Vision ist eine Energiezukunft auf Basis erneuerbarer Energien in allen Sektoren, also Wärme, Strom und Mobilität. In vielen Projekten ist diese Vision bereits in die Realität umgesetzt worden. Die SWW Wunsiedel setzt seit einigen Jahren verstärkt auf regenerative Energien und nachhaltige Technologien. Durch die Nutzung von Solarenergie, Holz, Windenergie und moderne Anlagen zur Kraft-Wärme-Kopplung entstehen nicht nur neue Arbeitsplätze – wir sichern kommenden Generationen auch eine lebenswerte Zukunft.

Welche Ziele wollen Sie erreichen?

Das von den Stadtwerken und der Stadt entwickelte Konzept hat langfristig die Energieautonomie zum Ziel. Die Energieautonomie ist jedoch kein Selbstzweck, vielmehr stellt sie einen Betriebszustand dar. Wichtigste Aufgabe ist es, ein großes Verbundnetz zu schaffen und einen wichtigen Beitrag zu dessen Stabilität zu leisten. Die SWW betreiben auch Forschung und Entwicklung und sensibilisieren die Einwohner mit verschiedenen Projekten für regenerative Energien.

Welche Schwerpunkte setzen Sie beim Ausbau erneuerbarer Energien?

Die Schwerpunkte liegen im Ausbau der Photovoltaik, Windenergie und Biomasse. Diese Technologien liefern uns inzwischen mehrere Millionen Kilowattstunden Ökostrom im Jahr. Hinzu kommt eine Nahwärmeversorgung mittels der besonders effizienten Kraft-Wärme-Kopplung. Unser Anliegen ist die Nutzung der gesamten bei der Stromerzeugung anfallenden Wärme und die komplett regionale Verwendung des Rohstoffes Holz, vom Wipfel bis zum Span. Unsere zertifizierten Holzpellets etwa werden im Werk Holenbrunn aus regional anfallenden Sägespänen produziert. Seit 2004 setzen wir auf Photovoltaik in Form von Bürgerbeteiligungsanlagen. 2010 kam die Windenergie hinzu, 2012 Bioenergieanlagen, Nahwärme und das schnelle Internet mit Bandbreiten bis zu 200 Megabit pro Sekunde. 2016 startete dann noch das neue Ökostromangebot mit dem Namen FichtelgebirgsStrom, das wir mit dem Energieverbund Zukunftsenergie Fichtelgebirge entwickelt haben. Verbraucher aus einem Gebiet mit mehr als 70.000 Einwohnern können regionalen Strom aus Photovoltaik, Biomasse und Windkraft beziehen. Der neue Stromtarif bringt Konsumenten und Produzenten von Ökostrom in der Region zusammen, denn auch private Stromerzeuger aus der oberfränkischen Gegend dürfen ihren regenerativen Strom künftig an das Projekt der Partner verkaufen.

„Unsere Vision ist eine Energiezukunft auf Basis erneuerbarer Energien in allen Sektoren.”
Sie setzen auch auf Bürgerbeteiligung. Was sind die Erfolgsfaktoren?

Die Akzeptanz der Bürger für Veränderungen erreichen wir mit deren aktiven Beteiligung. Die Bürger sind in alle Stadien der Projekte eingebunden und können sich an entsprechenden Vorhaben auch finanziell beteiligen und den in den Anlagen erzeugten Strom erwerben. Ein weiterer Faktor ist eine niedrige Beteiligungsschwelle, in unseren Fällen konnten sich die Bürger bereits mit 500 Euro an den Projekten beteiligen. Wir haben bei unseren Bürgern erfolgreich darum geworben, dass eine zukunftsfähige Energieversorgung dezentral und erneuerbar sein muss. Das lohnt sich auch wirtschaftlich, die Wertschöpfung von Bioenergieanlagen oder einer Nahwärmeversorgung bleibt zu einem großen Teil in der Region – im Gegensatz zu fossilen Energietechnologien. Dieser Aspekt erhöht ebenfalls die Akzeptanz.

Was können sich andere Stadtwerke bei Ihnen abschauen?

Ein Erfolgsfaktor ist, dass wir die kommunale Energiewende in allen Sektoren, sowohl im Wärme- und Strombereich als auch in der Mobilität, vorantreiben. Darüber hinaus vernetzen wir die Sektoren miteinander. Die Nahwärmeversorgung etwa nutzt die Abwärme der Bioenergie-BHKW, das Regionalstrommodell bietet den daraus gewonnenen Strom an. Konkrete Projekte sind in anderen Kommunen sicherlich regional unterschiedlich auszugestalten, hier ist es sinnvoll, die individuellen Potenziale vor Ort zu nutzen. Besonders wichtig für uns sind auch die Beteiligung der Bürger und die Integration der kommunalen Klimaschutzziele. Nicht zuletzt gehört eine fachkundige Beratung zum Erfolg hinzu. In Energie- und Rechtsfragen haben uns die Experten des Beratungsunternehmens Sterr-Kölln & Partner begleitet. Kommunen können das nötige Know-how angesichts der Komplexität des sich ständig wandelnden Energiemarkts nicht mehr alleine aufbringen.

Interview: Alexander Schaeff

Krasser, MarcoMarco Krasser, Jahrgang 1972, arbeitet seit 1998 bei der SWW Wunsiedel GmbH. Im Jahr 2001 wurde er zum Geschäftsführer des kommunalen Versorgers berufen. Der Diplom-Ingenieur (FH) studierte Elektrotechnik mit dem Schwerpunkt Energieerzeugung.



Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Unternehmen

Schleswig-Holstein: Dekarbonisierung mit 23 Stadtwerken

[19.11.2024] 23 Stadtwerke und das Energiewendeministerium Schleswig-Holsteins haben sich jetzt auf einen gemeinsamen Fahrplan zur Dekarbonisierung der Energieproduktion geeinigt. mehr...

Gründeten die Hauswerke: Claudia Dercks, Jörg Schunkert, Stephan Meuthen, Carlo Marks ( v.l.n.r.). Foto: Stadtwerke Goch

Kleve/Goch: Hauswerke für Energiewende

[19.11.2024] Die Stadtwerke Kleve und die Stadtwerke Goch haben die gemeinsame Marke Hauswerke zur Förderung der Energiewende gegründet. mehr...

Zu sehen sind eine Freiflächen-PV-Anlage und im Hintergrund Windräder.

EnBW: Mit Investitionen auf Wachstumskurs

[13.11.2024] EnBW Energie Baden-Württemberg setzt auf nachhaltige Energieprojekte und meldet für die ersten neun Monate 2024 Investitionen von fast vier Milliarden Euro. Trotz eines Rückgangs beim operativen Ergebnis ist das Unternehmen für das Gesamtjahr zuversichtlich. mehr...

Das Bild zeigt das Firmengebäude von msu solutions in Halle (Saale).

Kraftwerk Software Holding: Von Regensburg nach Halle

[12.11.2024] Die Kraftwerk Software Holding zieht von Regensburg nach Halle (Saale) um. Am neuen Standort, an dem sich auch der Sitz der größten Konzerngesellschaft msu solutions befindet, verspricht sich das Unternehmen zahlreiche Synergieeffekte. mehr...

ITC AG: Barrierefreier Onlinezugang

[29.10.2024] Ab Mitte 2025 werden gesetzlich geregelte Mindeststandards für die Barrierefreiheit digitaler Services verpflichtend. Die ITC AG hat ihre Selfservice-Lösungen für Stadtwerke und Energieversorger bereits umfassend optimiert, um barrierefreie Onlinezugänge für Menschen mit Einschränkungen zu ermöglichen. mehr...

Das Bild zeigt das Hybridkraftwerk Letschin, zu sehen ist eine Photovoltaik-Freiflächenanlage mit Batteriespeicher.

Trianel: Drei Hybridkraftwerke verkauft

[25.10.2024] Die Beteiligungsgesellschaft LHI Gruppe erwirbt drei Hybridkraftwerke von Trianel Energieprojekte. Die Anlagen, bestehend aus Solaranlagen und Batteriespeichern, können 14.200 Haushalte mit klimafreundlichem Strom versorgen. mehr...

Uniper ist einer der größten Betreiber von Wasserkraftwerken in Deutschland.

Beschaffung: Win-win-Modell für alle Beteiligten

[09.10.2024] Der Energiekonzern Uniper unterstützt seine Kunden bei der Beschaffung grüner Energie. Instrumente wie Power Purchase Agreements und Herkunftsnachweise sichern die Versorgung mit sauberer Energie, schützen vor Preisschwankungen, fördern Innovationen und reduzieren Emissionen. mehr...

EnBW: Neue Beteiligungsrunde für Kommunen

[09.10.2024] EnBW startet im Juli 2025 die zweite Runde des Beteiligungsmodells „EnBW vernetzt“. Antragsberechtigte Kommunen in Baden-Württemberg können Anteile an Netze BW erwerben und so die Energieinfrastruktur aktiv mitgestalten. mehr...

Der Fachkräftemangel ist eines der Themen

Studie: Den digitalen Puls fühlen

[24.09.2024] Die aktuelle Studie Utility 4.0 von prego services und den Energieforen Leipzig hat untersucht, wie gut Energieversorger im digitalen Zeitalter aufgestellt sind. Ein Ergebnis: Zwischen den einzelnen Unternehmen bestehen zum Teil eklatante Unterschiede im Digitalisierungsgrad. mehr...

Zukünftiger badenova Vorstand: Dirk Sattur.

badenova: Dirk Sattur wird neuer Vorstand

[23.09.2024] Der Aufsichtsrat der badenova hat Dirk Sattur zum neuen Vorstand für Infrastruktur, Erzeugung, Personal und kommunales Engagement berufen. Der bisherige Alleinvorstand Hans-Martin Hellebrand wird Vorstandsvorsitzender. mehr...

WEMAG-Vorstände Thomas Murche und Caspar Baumgart blicken optimistisch auf die Entwicklung der Netzentgelte im WEMAG Netzgebiet.

WEMAG: Strompreise sinken ab 2025

[13.09.2024] Die Bundesnetzagentur sorgt ab Januar 2025 für eine gerechtere Verteilung der Kosten für den Netzausbau. Insbesondere Regionen mit einem hohen Anteil erneuerbarer Energien wie Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg werden entlastet. mehr...

Die Gewinner des diesjährigen STADTWERKE AWARD.

STADTWERKE AWARD 2024: Haßfurt, München und Worms siegen

[05.09.2024] Die Siegerprojekte des STADTWERKE AWARD 2024 kommen aus Haßfurt, München und Worms. mehr...

VKU-Stadtwerkekongress: Zu Gast in Hannover

[04.09.2024] Seit 25 Jahren ist der VKU-Stadtwerkekongress Branchen-Seismograf. In diesem Jahr findet er in Hannover statt. mehr...

Geschäftsführung der neuen Gesellschaft Hamburger Energienetze.

Hamburg: Fusion der Netzgesellschaften

[30.08.2024] Stromnetz Hamburg und Gasnetz Hamburg fusionieren zur Hamburger Energienetze. Das neue Unternehmen steht im Zentrum der Weiterentwicklung der Hamburger Energie-Infrastruktur und spielt eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung der Klimaziele der Freien und Hansestadt. mehr...

Solarthermieanlage am Bodensee: Die Umstellung der Wärmeversorgung ist für das Stadtwerk am See ein wichtiges Zukunftsthema.

Stadtwerk am See: Weichen für die Zukunft gestellt

[30.08.2024] Mit einem guten Jahresergebnis und umfangreichen Investitionen in erneuerbare Energien, Nahwärme und ÖPNV sieht sich das Stadtwerk am See für die Energie- und Mobilitätszukunft gut aufgestellt. mehr...