Freitag, 22. November 2024

SüdWestStromVerlängerte Werkbank der Stadtwerke

[05.06.2015] Gemeinsam, unabhängig, stark – so lautet das Motto der Südwestdeutschen Stromhandelsgesellschaft (SüdWestStrom). Geschäftsführer Daniel-Klaus Henne sowie Vertriebsleiter Stefan Fella erklären, wie Stadtwerke von der Beschaffungskooperation profitieren können.
Daniel-Klaus Henne

Daniel-Klaus Henne

(Bildquelle: K21 media)

Herr Henne, Herr Fella, SüdWestStrom wurde als Kooperation von 30 baden-württembergischen Stadtwerken gegründet. Mittlerweile hat das Unternehmen 57 verschiedene Gesellschafter. Wie hat sich SüdWestStrom entwickelt?

Henne: SüdwestStrom ist entstanden aus so genannten Arbeitsgemeinschaften der Strombezieher, also Verbünden von Stadtwerken, die gemeinsam Strom eingekauft haben. Es begann mit vier Stadtwerken, die gemeinsam beschafft haben und die Idee des marktorientierten Einkaufs umsetzen wollen. Das waren die Stadtwerke Tübingen, Mühlacker, Mössingen und das Überlandwerk Eppler in Dotternhausen. Durch den marktorientierten Ansatz konnten zu Beginn der Liberalisierung die Einkaufspreise für Strom um 50 Prozent gesenkt werden. Daraus hat sich eine Beschaffungs- und Dienstleistungsplattform entwickelt, die heute in einem normalen Jahr zwischen 33 und 35 Terawattstunden Strom und Gas für die Kunden beschafft.

Fella: Ein Stadtwerk hat ein oberstes Ziel: Die Eigenständigkeit zu wahren. Unser Alleinstellungsmerkmal ist, dass wir den Stadtwerken nichts aufdrücken. Dazu gehört auch, ihnen die Wahlfreiheit zu geben: Ein Kunde muss nicht zwangsläufig bei uns Gesellschafter sein, ein Gesellschafter muss auch nicht zwingend Kunde sein.

SüdWestStrom versteht sich als Dienstleister für kleinere und mittlere Stadtwerke. Welche weiteren Services bieten Sie an?

Henne: Mit neuen Regelungen des Energierechts kamen neue Dienstleistungen hinzu. Wir unterstützen heute die Stadtwerke beispielsweise beim Energiedaten-Management, bei einem preisorientierten Last-Management und wir entwickeln neue Dienstleistungen im Bereich Smart Metering für Netzbetreiber.

Welche Vorteile haben Gesellschafter?

Henne: SüdWestStrom hat eine unglaubliche Erfolgsgeschichte hingelegt. Wir haben das eingesetzte Kapital der Gesellschafter innerhalb kürzester Zeit mehr als verzehnfacht. Das klingt gut, ist aber primär nicht unser Ansatz. Es geht darum, Unabhängigkeit in der Beschaffung zu erreichen – und das nachhaltig.

#bild2Fella: Es gibt eine ganze Bandbreite von Vorteilen: Das fängt bei einer vernünftigen Verzinsung des eingesetzten Kapitals an. Zudem binden wir die Gesellschafter intensiv in die Gestaltung unserer Leistungen ein. Wir sind gerade dabei, vermehrt den informellen Austausch zu pflegen. In regelmäßig stattfindenden Kamingesprächen wollen wir uns über aktuelle Themen der Energiebranche austauschen. Ein Vorteil, der nicht unterschätzt werden darf, ist der Community-Gedanke: Wir halten zusammen, wir tun uns zusammen und schaffen damit etwas. Darauf sind wir angewiesen. Wir erarbeiten gemeinsam Lösungen.

In welchen weiteren Bereichen unterstützen Sie die Stadtwerke, etwa beim Thema Smart Home?

Henne: Smart Home oder Smart Metering sind als Themenfelder interessant. Als eigenständiges Geschäftsmodell sind sie aber kaum rentabel. Angenommen, wir lassen den gesamten Haushalt mit börsenoptimierten Strompreisen laufen – angefangen von der Spülmaschine über den Wäschetrockner bis hin zur Waschmaschine. In ein paar Jahren kommt vielleicht noch das Elektroauto hinzu. Die Einsparungen durch spezielle Tarife wären zu gering. Die Kosten für die ganze Technologie, die da dahinterstehen, müssten deutlich sinken. Der finanzielle Anreiz für Kunden wurde bislang überschätzt. Auch das BMWi hat diese Potenziale kürzlich als wesentlich geringer eingeschätzt.

Zumindest für den einzelnen Verbraucher. Wie sieht es bei Großbetrieben aus?

Henne: Da sieht es in der Tat anders aus. Dafür haben wir ein preisorientiertes Last-Management. Wir optimieren nicht nur die Erzeugung, sondern wir können auch das Abnahmeverhalten auf der Verbraucherseite steuern. Wir sehen hier große Synergieeffekte für die Stadtwerke und nachhaltige Potenziale im Energy-Only-Markt. Das kann sicherlich ein Geschäftsfeld werden.

Fella: Unsere Dienstleistungen betreffen Daten-Management und Big Data. Das sind die großen Themenfelder, auf die wir uns konzentrieren. Zudem unterstützen wir Kommunen bei der Rekommunalisierung und helfen den Stadtwerken, sich im Vertrieb aufzustellen. Denn viele Stadtwerke kennen ihre Kunden nur eingeschränkt. Ein weiterer Bereich ist die Flexibilisierung kleiner Erzeugungsanlagen, gekoppelt mit der Wärmeversorgung. Wir empfehlen unseren Stadtwerken, das Thema Wärmeversorgung auf die Agenda zu setzen, um die Wertschöpfungskette beim Kunden zu verlängern. Auch beim Thema Smart Metering könnten wir uns vorstellen, die Stadtwerke in Zukunft dabei zu unterstützen, entsprechende Produkte für ihre Kunden auf den Markt zu bringen.

„Ein Stadtwerk hat ein oberstes Ziel: Die Eigenständigkeit zu wahren.“
Energieversorger bewegen sich derzeit in einem unsicheren Umfeld. Wie beurteilen sie die aktuelle Energiepolitik?

Henne: Ich war überrascht, wie vernünftig die Diskussionen und Entscheidungen bisher über die Bühne gingen. Beispielsweise die Marktstrukturen: Jetzt reden wir nicht mehr über Kapazitätsmärkte, sondern über strategische Kapazitätsreservemärkte. Die Politik muss zwar derzeit in einem Stückwerk Entscheidungen treffen, geht damit aber in eine positive Richtung. Beim Thema Kraft-Wärme-Kopplung gibt es allerdings noch Nachholbedarf. Bisher war hier die politische Botschaft, dass man die Ziele etwas herunterschraubt und die Förderung leicht erhöht. Wir begrüßen, dass die KWK-Förderung künftig an die Einspeisepflicht gekoppelt sein wird. Aber: Muss es denn wirklich die Förderung sein? Wäre es stattdessen nicht möglich, mittels einer Umverteilung die EEG-Umlage zu senken? Wir könnten uns aber auch überlegen, wie sich das in Marktdesign packen lässt, damit Flexibilität entsteht.

Fella: Die Entwicklung in der Politik hat dazu geführt, dass nicht nur die großen Erzeuger im Fokus stehen. Themen wie der Vertrieb werden wieder verstärkt wahrgenommen. Das schätze ich als positiv ein. Uns kommt zugute, dass wir ein Unternehmen für Stadtwerke sind. Man traut uns zu, dass wir verstehen, was Stadtwerke brauchen. Wir treten auch nicht in Konkurrenz zu ihnen, sondern sehen uns als verlängerte Werkbank der Stadtwerke. Die mitunter vorhandene Sprunghaftigkeit der Energiepolitik ist aber auch für uns eine Herausforderung.

Was müsste getan werden, damit mehr Anreize für Flexibilität entstehen?

Henne: Es sollten die bereits bestehenden Technologien für flexible Erzeugung auch tatsächlich nutzbar gemacht werden. Bei der Kraft-Wärme-Kopplung beispielsweise könnten mit einer hocheffizienten Energiespeicherung alle Preisschwankungen abgefangen werden. Gleichzeitig wird die Wärmeversorgung hocheffizient und wirtschaftlich. Für die Politik und Wirtschaft, aber auch für die Kommunen und die Stadtwerke ist das von Vorteil. Der Gewinner wäre schlussendlich das Klima. Der Dreh- und Angelpunkt ist, Subventionen rigoros zu streichen. Dann wird der Markt es richten und es werden Investitionsanreize geschaffen.

Interview: Alexander Schaeff, Marc Tosenberger

Daniel-Klaus Henne, Stefan FellaDaniel-Klaus Henne ist Geschäftsführer der Südwestdeutschen Stromhandels GmbH (SüdWestStrom), Stefan Fella ist dort Vertriebsleiter. Zuvor war er Abteilungsleiter Privat- und Gewerbekunden bei der Energieversorgung Offenbach AG.

Stichwörter: Unternehmen,


Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Unternehmen

Schleswig-Holstein: Dekarbonisierung mit 23 Stadtwerken

[19.11.2024] 23 Stadtwerke und das Energiewendeministerium Schleswig-Holsteins haben sich jetzt auf einen gemeinsamen Fahrplan zur Dekarbonisierung der Energieproduktion geeinigt. mehr...

Gründeten die Hauswerke: Claudia Dercks, Jörg Schunkert, Stephan Meuthen, Carlo Marks ( v.l.n.r.). Foto: Stadtwerke Goch

Kleve/Goch: Hauswerke für Energiewende

[19.11.2024] Die Stadtwerke Kleve und die Stadtwerke Goch haben die gemeinsame Marke Hauswerke zur Förderung der Energiewende gegründet. mehr...

Zu sehen sind eine Freiflächen-PV-Anlage und im Hintergrund Windräder.

EnBW: Mit Investitionen auf Wachstumskurs

[13.11.2024] EnBW Energie Baden-Württemberg setzt auf nachhaltige Energieprojekte und meldet für die ersten neun Monate 2024 Investitionen von fast vier Milliarden Euro. Trotz eines Rückgangs beim operativen Ergebnis ist das Unternehmen für das Gesamtjahr zuversichtlich. mehr...

Das Bild zeigt das Firmengebäude von msu solutions in Halle (Saale).

Kraftwerk Software Holding: Von Regensburg nach Halle

[12.11.2024] Die Kraftwerk Software Holding zieht von Regensburg nach Halle (Saale) um. Am neuen Standort, an dem sich auch der Sitz der größten Konzerngesellschaft msu solutions befindet, verspricht sich das Unternehmen zahlreiche Synergieeffekte. mehr...

ITC AG: Barrierefreier Onlinezugang

[29.10.2024] Ab Mitte 2025 werden gesetzlich geregelte Mindeststandards für die Barrierefreiheit digitaler Services verpflichtend. Die ITC AG hat ihre Selfservice-Lösungen für Stadtwerke und Energieversorger bereits umfassend optimiert, um barrierefreie Onlinezugänge für Menschen mit Einschränkungen zu ermöglichen. mehr...

Das Bild zeigt das Hybridkraftwerk Letschin, zu sehen ist eine Photovoltaik-Freiflächenanlage mit Batteriespeicher.

Trianel: Drei Hybridkraftwerke verkauft

[25.10.2024] Die Beteiligungsgesellschaft LHI Gruppe erwirbt drei Hybridkraftwerke von Trianel Energieprojekte. Die Anlagen, bestehend aus Solaranlagen und Batteriespeichern, können 14.200 Haushalte mit klimafreundlichem Strom versorgen. mehr...

Uniper ist einer der größten Betreiber von Wasserkraftwerken in Deutschland.

Beschaffung: Win-win-Modell für alle Beteiligten

[09.10.2024] Der Energiekonzern Uniper unterstützt seine Kunden bei der Beschaffung grüner Energie. Instrumente wie Power Purchase Agreements und Herkunftsnachweise sichern die Versorgung mit sauberer Energie, schützen vor Preisschwankungen, fördern Innovationen und reduzieren Emissionen. mehr...

EnBW: Neue Beteiligungsrunde für Kommunen

[09.10.2024] EnBW startet im Juli 2025 die zweite Runde des Beteiligungsmodells „EnBW vernetzt“. Antragsberechtigte Kommunen in Baden-Württemberg können Anteile an Netze BW erwerben und so die Energieinfrastruktur aktiv mitgestalten. mehr...

Der Fachkräftemangel ist eines der Themen

Studie: Den digitalen Puls fühlen

[24.09.2024] Die aktuelle Studie Utility 4.0 von prego services und den Energieforen Leipzig hat untersucht, wie gut Energieversorger im digitalen Zeitalter aufgestellt sind. Ein Ergebnis: Zwischen den einzelnen Unternehmen bestehen zum Teil eklatante Unterschiede im Digitalisierungsgrad. mehr...

Zukünftiger badenova Vorstand: Dirk Sattur.

badenova: Dirk Sattur wird neuer Vorstand

[23.09.2024] Der Aufsichtsrat der badenova hat Dirk Sattur zum neuen Vorstand für Infrastruktur, Erzeugung, Personal und kommunales Engagement berufen. Der bisherige Alleinvorstand Hans-Martin Hellebrand wird Vorstandsvorsitzender. mehr...

WEMAG-Vorstände Thomas Murche und Caspar Baumgart blicken optimistisch auf die Entwicklung der Netzentgelte im WEMAG Netzgebiet.

WEMAG: Strompreise sinken ab 2025

[13.09.2024] Die Bundesnetzagentur sorgt ab Januar 2025 für eine gerechtere Verteilung der Kosten für den Netzausbau. Insbesondere Regionen mit einem hohen Anteil erneuerbarer Energien wie Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg werden entlastet. mehr...

Die Gewinner des diesjährigen STADTWERKE AWARD.

STADTWERKE AWARD 2024: Haßfurt, München und Worms siegen

[05.09.2024] Die Siegerprojekte des STADTWERKE AWARD 2024 kommen aus Haßfurt, München und Worms. mehr...

VKU-Stadtwerkekongress: Zu Gast in Hannover

[04.09.2024] Seit 25 Jahren ist der VKU-Stadtwerkekongress Branchen-Seismograf. In diesem Jahr findet er in Hannover statt. mehr...

Geschäftsführung der neuen Gesellschaft Hamburger Energienetze.

Hamburg: Fusion der Netzgesellschaften

[30.08.2024] Stromnetz Hamburg und Gasnetz Hamburg fusionieren zur Hamburger Energienetze. Das neue Unternehmen steht im Zentrum der Weiterentwicklung der Hamburger Energie-Infrastruktur und spielt eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung der Klimaziele der Freien und Hansestadt. mehr...

Solarthermieanlage am Bodensee: Die Umstellung der Wärmeversorgung ist für das Stadtwerk am See ein wichtiges Zukunftsthema.

Stadtwerk am See: Weichen für die Zukunft gestellt

[30.08.2024] Mit einem guten Jahresergebnis und umfangreichen Investitionen in erneuerbare Energien, Nahwärme und ÖPNV sieht sich das Stadtwerk am See für die Energie- und Mobilitätszukunft gut aufgestellt. mehr...