Smart GridIntelligent ist nachhaltig

In Wildpoldsried wurde getestet, wie sich ein intelligentes Verteilnetz aufbauen und betreiben lässt.
(Bildquelle: AÜW/Bruno Maul)
Bereits seit dem Jahr 2007 beschäftigen sich die Allgäuer Überlandwerke (AÜW) intensiv mit dem regenerativen Energieausbau und seinen Auswirkungen auf das Stromnetz. Neben verschiedenen Forschungsprojekten in den Bereichen Elektromobilität, Speichertechnologie und Demand-Management-Systeme, widmete sich das Projekt „Integration Regenerativer Energie und Elektromobilität“ (IRENE) zweieinhalb Jahre lang der Frage, wie ein Verteilnetz im Jahr 2020 aussehen wird.
Kosten sparen
Gemeinsam mit dem Unternehmen Siemens und zwei Hochschulen wurde im Stromnetz der bayerischen Gemeinde Wildpoldsried ein aktives intelligentes Netz aufgebaut. Messgeräte wurden verteilt, um jederzeit den Lastverlauf und die Stromqualität zu bestimmen. Um die Energie zu puffern, wurde ein Batteriespeicher eingesetzt. Zwei regelbare Ortsnetztransformatoren halten die Spannung konstant. Wichtigste Erkenntnis aus dem Forschungsprojekt: Durch den geschickten Einsatz dieser modernen Komponenten können bis zu 40 Prozent der Kosten für Kabel und Transformatoren eingespart werden.
IRENE widmete sich auch der Frage, wie sich die zunehmende Anzahl von Elektrofahrzeugen auf das Stromnetz auswirkt. Dazu wurden für zehn Monate mehr als 30 Fahrzeuge in zwei Straßenzügen in Wildpoldsried eingesetzt. Das entspricht in etwa dem Szenario der Bundesregierung von einer Million E-Fahrzeugen bis zum Jahr 2020 in Deutschland. Da die Fahrzeuge zum Zeitpunkt guter Sonneneinstrahlung und hoher Energieerzeugung in der Regel nicht an der heimischen Ladesäule stehen, können sie nur bedingt als Energiepuffer für die Mittagsspitzen genutzt werden.
Um das mögliche Potenzial durch den Zubau von Photovoltaikanlagen zu bestimmen, wurde das gesamte Netzgebiet von AllgäuNetz beflogen und mithilfe von 3-D-Kameras aufgezeichnet. Aus diesen Bildern entstand ein hochaufgelöstes 3-D-Dachmodell. Damit lässt sich der Zubau für die Netzausbauplanung perfekt vorhersehen. Das wiederum ermöglicht, dass nur unbedingt notwendige Kupfer- und Aluminiumkabel verlegt werden. Ein weiterer positiver Effekt der Solarpotenzialanalyse: Via Internet kann sie für die Bürger bereitgestellt werden.
Erfolge weitergeben
Um die im Rahmen von IRENE gewonnenen Erfahrungen auch anderen Verteilnetzbetreibern zugänglich zu machen, gründete die AÜW-Geschäftsleitung im Sommer 2013 das Beratungshaus egrid applications & consulting GmbH (egrid). egrid wurde beim diesjährigen Stadtwerke Award mit dem ersten Preis für innovative Geschäftsmodelle in der Energiewende prämiert. Das Projekt ist dreistufig aufgebaut. Auf der ersten Stufe unterstützt egrid mithilfe der Erkenntnisse aus IRENE bei der Stromnetzplanung. Auf der zweiten Stufe soll dann eine überschaubare Anzahl von Messgeräten gezielt in das Verteilnetz eingebracht werden. Deren Aufgabe ist es, über den Zeitraum von drei bis sechs Monaten die Qualität und Richtung des Energieflusses zu verfolgen. Die notwendige Technik stellt egrid im Rahmen eines Leasing-Konzepts zur Verfügung. Auf der dritten Stufe erfolgt die Begleitung beim Aufbau von Regelelementen wie Transformatoren oder Batteriespeichern.
In Wildpoldsried geht das Erfolgskonzept IRENE in Form des Projekts IREN2 seit 1. Juli 2014 weiter. Die aus dem ersten Projekt bewährte Kooperation zwischen den Hochschulen Kempten und RWTH Aachen sowie den Firmen Siemens und AÜW wurde um den IT-Technologiepartner ID.KOM erweitert. Auch egrid wird das Projekt unterstützen. IREN2 hat zum Ziel, die Energieflüsse in Wildpoldsried intelligent zu balancieren und in Form eines so genannten Micro-Grids netzparallel zu führen. Das soll es in Zukunft ermöglichen, Netzbereiche in wabenartigen Zellstrukturen teilautonom zu führen. Zwar wird es weiterhin Netzverbindungen zum Energiezu- und -abfluss geben, dezentrale Steuerungen ermöglichen aber über lange Phasen des Tages Stabilität.
Topologische Kraftwerke als Ziel
Zudem beschäftigen sich AÜW und egrid an unterschiedlichen Orten mit Speicherprojekten. Neben Batteriespeicherkonzepten zur kurzzeitigen Speicherung elektrischer Energie sind Pumpspeicherkraftwerke zur Jahresausgleichsspeicherung vorgesehen. Auch Power to Gas beschäftigt die Projektpartner. Das auf diese Weise gewonnene Methangas lässt sich zeitunkritisch speichern und kann später als Treibstoff eingesetzt oder in Strom und Wärme umgewandelt werden. Ziel ist es, die Erkenntnisse aus den Speicherprojekten und IREN2 in so genannte topologische Kraftwerke umzusetzen, einer regionalen Verknüpfung von Energieerzeugung und -verbrauch. Derzeit liegt der Anteil regenerativer Energie am Gesamtstromverbrauch im Netzgebiet bei rund 34 Prozent. Wenn es gelingt, die neu gewonnenen Erkenntnisse in naher Zukunft umzusetzen, sind die Projektpartner davon überzeugt, dass sie diesen Anteil auf 60 bis 70 Prozent steigern können.
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