DirektvermarktungAlle stehen in der Pflicht
Mit der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) unternimmt die Bundesregierung den Versuch, die Kostendynamik der Energiewende in den Griff zu bekommen. Für das Gelingen des Jahrhundertprojekts ist das von entscheidender Bedeutung. Denn die gesellschaftliche Akzeptanz der Energiewende wird nur bestehen bleiben, wenn deren Kosten nicht explodieren.
Von den geplanten Reformmaßnahmen ist vor allem die verbesserte Marktintegration der erneuerbaren Energien durch die stufenweise Einführung der verpflichtenden Direktvermarktung ein Schritt in die richtige Richtung. Die Pflicht zur Direktvermarktung des Ökostroms verspricht eine verbesserte Systemintegration von Solar- und Windstrom und dadurch letztlich eine kosteneffizientere Umsetzung der Energiewende.
Stufenweise zum Regelfall
Gegenwärtig sieht die Vermarktung im Regelfall noch so aus, dass die Anlagenbetreiber ihren Ökostrom an den örtlichen Verteilnetzbetreiber weiterreichen. Dieser veräußert den Strom seinerseits an einen Übertragungsnetzbetreiber weiter, der den Ökostrom dann am vor- und untertägigen Spot-Markt an der Strombörse vermarktet. Für die Netzbetreiber besteht eine gesetzliche Abnahmepflicht, während die Anlagenbetreiber für jede Kilowattstunde einen festgelegten Vergütungssatz erhalten, der über die EEG-Umlage aufgebracht wird.
Daneben gibt es für die Betreiber von Ökostromanlagen seit dem Jahr 2012 aber auch die Möglichkeit, den von ihnen erzeugten Strom direkt an interessierte Abnehmer zu verkaufen. Die Direktvermarktung wird mit der so genannten optionalen Marktprämie sowie einer Management-Prämie gefördert. Außerdem erhalten die Anlagenbetreiber bei diesem Vermarktungsmodell den Verkaufserlös für ihren Strom. Auf diese Weise sollen die Anlagenbetreiber dazu veranlasst werden, ihr Stromangebot besser an die Nachfrage anzupassen.
Mit der EEG-Reform will die Bundesregierung die Direktvermarktung nun stufenweise zum Regelfall machen. Davon ausgenommen bleiben sollen EE-Kleinanlagen. Für neu errichtete Anlagen ab 500 Kilowatt (KW) installierter Leistung soll die neue Regelung sofort mit dem geplanten Inkrafttreten des EEG-Reformgesetzes am 1. August 2014 wirksam sein, während neue Anlagen ab 100 KW installierter Leistung erst ab dem Jahr 2016 der Direktvermarktungspflicht unterliegen sollen. Ökostromanlagen unter 100 KW installierter Leistung sollen dagegen dauerhaft von der Pflicht zur Direktvermarktung befreit bleiben. Die Pläne der Bundesregierung sehen vor, dass die Eigentümer dieser Anlagen von den Netzbetreibern weiterhin einen fixierten Betrag pro Kilowattstunde als Einspeisevergütung verlangen können.
Für die Systemstabilität der deutschen Energieversorgung wäre es jedoch besser, wenn auch Kleinanlagen unter 100 KW installierter Leistung zur Direktvermarktung verpflichtet würden. Der Einfluss von EE-Anlagen mit weniger als 100 KW installierter Leistung auf die Stabilität des deutschen Stromnetzes geht – jede Anlage für sich genommen – zwar gegen . Zusammengenommen entfällt auf sie aber ein substanzieller Anteil der in Deutschland installierten Erzeugungsleistung. Die Relevanz der Kleinanlagen für die Systemstabilität ist daher nicht zu unterschätzen.
Zum Stichtag 31. Dezember 2012 betrug die installierte Gesamtleistung aller Erneuerbare-Energien-Anlagen mit einer installierten Nennleistung unter 100 KW zusammengenommen 18.439 Megawatt (MW). Davon entfielen 18.179 MWpeak auf Photovoltaikanlagen. Dies entspricht der installierten Leistung von etwa 18 Großkraftwerken. Im Jahr 2013 betrug der Photovoltaikausbau deutschlandweit 3.308 MWpeak. Davon entfielen mit 1.423 MWpeak rund 43 Prozent der insgesamt installierten Photovoltaik-Nennleistung auf Kleinanlagen mit einer Einzelleistung von weniger als 100 KWpeak.
Beitrag zur Systemintegration
Mit der Pflicht zur Direktvermarktung von Ökostrom aus Kleinanlagen ließe sich sicherstellen, dass auch kleinere EE-Anlagen künftig ihren Beitrag zur Systemintegration der Erneuerbaren leisten und so mithelfen, die Stabilität des Netzes kosteneffizient zu sichern.
Zudem könnte mit der Einführung der verpflichtenden Direktvermarktung für Kleinanlagen auch der Notwendigkeit zur Einführung eines institutionalisierten Kapazitätsmarkts ein Stück weit begegnet werden. Aller Wahrscheinlichkeit nach würden sich die Betreiber von Kleinanlagen nämlich Partner suchen, welche die Vermarktung ihres Stroms als Dienstleister übernehmen. Für sie könnte es lohnend sein, die volatile Einspeisung von Photovoltaikanlagen und kleinen Windkraftanlagen mit einer Art Regelenergie aus flexiblen, konventionellen Kraftwerken zu Blockprodukten für den Stromhandel zu veredeln. Die Markt- und Systemintegration der erneuerbaren Energien würde dadurch zusätzlich befördert werden, mit dem Effekt, dass sich die Energiewende wahrscheinlich kosteneffizienter umsetzen ließe.
Bundeswirtschaftsminister Gabriel hat für 2016 eine abermalige Reform des EEG angekündigt. Dann soll auch im Rahmen einer Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) das Strom-Marktdesign grundlegend überarbeitet werden. Es wäre gut, wenn der Gesetzgeber spätestens bei dieser Gelegenheit die verpflichtende Direktvermarktung auch auf Kleinanlagen ausdehnen würde. Damit könnte er die Erfolgschancen der Energiewende verbessern.
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