Samstag, 23. November 2024

European Energy AwardEnzkreis auf Goldkurs

[21.05.2013] Der Enzkreis hat es geschafft, auf Anhieb den European Energy Award in Gold zu erhalten. Die Auszeichnung sieht die Kommune als Anstoß, ihre Energie- und Klimaschutzpolitik kontinuierlich weiterzuentwickeln.
Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller (4.v.l.) würdigt den Erfolg des Energie-Teams.

Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller (4.v.l.) würdigt den Erfolg des Energie-Teams.

(Bildquelle: Bundesgeschäftsstelle des European Energy Award)

In den vergangenen Monaten gab es im baden-württembergischen Enzkreis gleich zweimal einen Grund zum Feiern. Im November 2012 konnte Landrat Karl Röckinger in Brüssel aus den Händen von Energiekommissar Günther Oettinger den European Energy Award (eea) in Gold entgegennehmen. Im Februar dieses Jahres wurde die Leistung des Enzkreises noch einmal auf Landesebene von Umweltminister Franz Untersteller gewürdigt. Damit zählt der Enzkreis nun zu den Europäischen Energie-und Klimaschutzkommunen und wird diesen Titel alle drei Jahre verteidigen. „Die Auszeichnung ist ein schöner Anreiz“, so Landrat Karl Röckinger, „aber viel wichtiger ist es, dass wir durch den eea das globale Thema Klimaschutz für uns strukturiert in Angriff genommen haben und uns nun in einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess befinden. Mithilfe des eea möchten wir unser Ziel erreichen, ab dem Jahr 2050 klimaneutral zu sein.“

Klimaschutz mit Motto

Die Stelle einer Klimaschutzbeauftragten hatte der Enzkreis Ende 2009 geschaffen. Unter dem Motto „Enzkreis-Klima-Wendekreis“ startete die Kreisverwaltung mit einem eigenen Logo als Erkennungs- und Identifikationszeichen für alle künftigen Aktivitäten im Klimaschutz. Schon bald stellte sich die Frage, wie dieses komplexe Thema strukturiert angegangen werden kann und wie sich kommunale Energie- und Klimaschutzpolitik optimieren und erfolgreich umsetzen lässt. Die Kreisverwaltung entschied sich dafür, nicht klassisch mit einem Klimaschutzkonzept zu beginnen, sondern am eea teilzunehmen.
Der European Energy Award stellt ein Programm für eine umsetzungsorientierte Energie- und Klimaschutzpolitik in Gemeinden, Städten und Landkreisen dar. Konkret handelt es sich dabei um ein vielfach erprobtes Qualitätsmanagement-System und Zertifizierungsverfahren mit anschließender Auszeichnung, das auf europäischer Ebene entwickelt wurde. Kernstück des Audit-Tools ist ein Fragenkatalog zu den sechs wichtigsten kommunalen Handlungsfeldern: Entwicklungsplanung, Gebäude und Anlagen, Ver- und Entsorgung, Mobilität, interne Organisation sowie externe Kommunikation. Das Tool ermöglicht eine strukturierte Ist-Analyse und die Erstellung eines Stärken-Schwächen-Profils, mit dessen Hilfe zukünftige Potenziale erkannt werden können. So können konkrete Maßnahmen, die für die Kommune einen hohen effektiven Nutzen haben, leichter identifiziert werden.

Go for Gold

Seine Bewerbung für den European Energy Award startete der Enzkreis Ende 2010, als erstmals eine Teilnahme von Landkreisen zulässig war. Zuvor konnten sich nur Gemeinden und Städte beteiligen. Hierfür wurde zunächst ein Lenkungsteam (Energie-Team) mit Führungskräften aus allen betroffenen Bereichen gebildet. Den Vorsitz übernahm der Umweltdezernent, die Geschäftsführung liegt bei der Klimaschutzbeauftragten. Innerhalb eines Jahres wurde der umfangreiche Fragenkatalog des eea durchgearbeitet und die Ausgangssituation im Enzkreis abgebildet. Gleichzeitig wurden in vielen Bereichen neue Projekte gestartet. Es wurden ein Klimaziel formuliert, eine erste CO2-Bilanz erstellt und ein energiepolitisches Arbeitsprogramm entwickelt.
Zum Zeitpunkt der ersten Bewertung im Frühjahr 2012 erreichte der Enzkreis auf Anhieb 66 Prozent der möglichen Punkte. Damit war die erste große Hürde genommen: Der European Energy Award wird ab der Hälfte der insgesamt zu erreichenden Punkte vergeben. Ab einem Wert von 75 Prozent der Punkte erhalten Teilnehmer die Auszeichung in Gold, die es zu diesem Zeitpunkt für Landkreise aber noch nicht gab. In dieser entscheidenden Phase, in der sich das Team des Kreises fragte, ob es sich nun zurücklehnen oder noch einmal Gas geben sollte, feuerte Landrat Röckinger die Mannschaft mit Ausgabe der Devise „Go for Gold“ noch einmal an. Denn zwischenzeitlich war bekannt geworden, dass es den eea in Gold nun erstmalig auch für Landkreise geben wird.
Die erste nationale Zertifizierung war für Juni 2012 vorgesehen. Das Ergebnis überraschte das Energie-Team dann sehr: Auf Anhieb konnten rund 76 Prozent der Punkte und damit die Goldmarke erreicht werden. Allerdings ergaben sich formale Hindernisse, weil das Thema eea in Gold für Landkreise noch ganz neu war und die Situation, dass eine Kommune dieses Ziel sofort erreicht, sehr selten ist. Mit einiger Mühe konnte eine schnelle Lösung gefunden werden: Der Enzkreis musste sich innerhalb von nur zwei Monaten auch der internationalen Zertifizierung stellen, um noch im Jahr 2012 mit dem Gold-Award ausgezeichnet werden zu können. Das internationale Audit im August erbrachte dann das erfreuliche Ergebnis von knapp 77 Prozent der Punkte. Diese Bewertung wurde anschließend im internationalen Vergleich zwar noch einmal kritisch unter die Lupe genommen und auf 75 Prozent korrigiert, die Fahrkarte zur Preisverleihung nach Brüssel hatte sich der Enzkreis dennoch gesichert.

Vielfältige Maßnahmen

Entscheidend für den Erfolg des Kreises waren im Rückblick vor allem die klare Projektstruktur und das Projekt-Management. Ein konkreter Auftrag (Go for Gold), konkrete Ziele und ein stringenter Zeitplan sind ebenso wesentlich. Die Mitarbeiter im Enzkreis sind es nach einem langen internen Modernisierungsprozess gewohnt, effizient zusammenzuarbeiten und große Projekte in kurzer Zeit zum Erfolg zu führen. Die Arbeit des Energie-Teams war kreativ und auch von einem gesunden Sportsgeist geprägt. Nicht zuletzt zogen auch die Beraterin von der Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg (KEA) und die Auditoren mit der Kommune an einem Strang.
Zu den Maßnahmen und Projekten, die konkret zum Erfolg beigetragen haben, gehörten auf Ebene des Landkreises neben der engen Kooperation mit der Energieagentur, den Energieversorgern und anderen Akteuren im Kreis unter anderem eine breit angelegte Bewusstseinsbildung durch Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Darüber hinaus wurden ein Teilklimaschutzkonzept für alle Liegenschaften des Kreises entwickelt, Investitionen in Energieeffizienzmaßnahmen und erneuerbare Energien getätigt, eine Task Force „Erneuerbare Energien“ für Genehmigungsverfahren von Anlagen gebildet und ein Energie-Controlling etabliert. Zudem hat der Enzkreis Anreizsysteme zum Energiesparen geschaffen, bietet eine Energieberatung in der Fläche an, fördert den öffentlichen Nah- und den Radverkehr und ist in die Elektromobilität eingestiegen. Zum guten Abschneiden beim eea trugen auch das ausgereifte Abfallwirtschaftskonzept und eine moderne Verwaltung im Sinne des New Public Management bei. Darüber hinaus arbeitet der Enzkreis im Rahmen so genannter MORO-Projekte (Modellvorhaben Raumordnung) bei den Themen Klimawandel und Klimaanpassung mit den Regionalverbänden Nordschwarzwald und Mittlerer Oberrhein zusammen. Um dem globalen Anspruch des Themas gerecht zu werden, wurde zudem eine Klimapartnerschaft mit dem Masasi District in Tansania geschlossen.

Manager der Energiewende

Durch den European Energy Award befindet sich der Enzkreis in einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess. Klimaschutz- und Energiefragen sind nun Themen im gesamten Haus und in den maßgeblichen Köpfen. Dadurch liegt jetzt vor allem im Bereich Liegenschaften und Energieverbrauch eine wesentlich bessere Datenlage vor. Entscheidungen werden ab sofort immer im Lichte der Anforderungen des eea getroffen. Zwingende Voraussetzung für die Teilnahme am eea ist die Festlegung eines verbindlichen und messbaren Klimaziels. Im Enzkreis orientiert sich dieses bereits an den Anforderungen des geplanten Klimaschutzgesetzes Baden-Württemberg. Konkret strebt die Kommune eine Reduzierung der CO2-Emissionen um 25 Prozent bis zum Jahr 2020 und Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 an. Die Zielerreichung wird künftig mithilfe einer CO2-Bilanz gemessen.
Die Weltklimakonferenzen zeigen leider deutlich, dass die entscheidenden Impulse für eine Energiewende auf internationaler Ebene momentan nicht zu erwarten sind. Vielmehr lässt sich erkennen, dass die maßgeblichen Anstöße von unten kommen: Die Bürgermeister und Landräte sowie die Bürger selbst, etwa in Form von Energiegenossenschaften, sind die Manager der Energiewende.

Edith Marqués Berger ist seit 2009 Klimaschutzbeauftragte des Enzkreises. Karl-Heinz Zeller ist beim Enzkreis Dezernent für Umwelt, Landwirtschaft und Forsten.




Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Klimaschutz
VSHEW-Vorstandsvorsitzender Andreas Wulff (l.) und Schleswig-Holsteins Energiewendeminister Tobias Goldschmidt mit der unterzeichneten Dekarbonisierungsvereinbarung. Foto: PR

Schleswig-Holstein: Stadt und Land dekarbonisieren

[15.11.2024] 23 Stadt- und Gemeindewerke im Norden präsentieren Maßnahmenpläne zur CO2-Reduzierung. Minister Tobias Goldschmidt sichert Unterstützung zu. Maßnahmen könnten bis 2023 rund 520.000 Tonnen CO2 einsparen. mehr...

Klimaaktive Kommune 2024: Vorbildliche Projekte prämiert

[13.11.2024] Sechs deutsche Kommunen wurden im Rahmen des Wettbewerbs „Klimaaktive Kommune 2024“ für ihre herausragenden Klimaschutzmaßnahmen ausgezeichnet. Die Gewinner erhalten jeweils 40.000 Euro Preisgeld, das in weitere Klimaprojekte fließen soll. mehr...

Bayern: Modellvorhaben klimagerechter Städtebau

[17.10.2024] Der Klimawandel ist eine Herausforderung für Städte und Gemeinden. Acht bayerische Kommunen haben im Rahmen eines Modellvorhabens des Bauministeriums Konzepte zur Klimaanpassung entwickelt. Bayerns Bauminister Bernreiter stellte nun die Ergebnisse und einen digitalen Leitfaden für alle Kommunen vor. mehr...

Bis 2040 soll die Kommunalverwaltung klimaneutral sein. Das steht unter anderem im Vorreiterkonzept Klimaschutz. Ein Werk mit mehr als 300 Seiten – hinzu kommt ein umfangreicher Anhang.

Osnabrück: Klimaneutralität der Verwaltung bis 2040

[12.09.2024] Die Stadt Osnabrück hat sich zum Ziel gesetzt, ihre Kommunalverwaltung bis 2040 klimaneutral zu gestalten. Ein umfassendes Maßnahmenpaket liegt bereits vor, das energetische Sanierungen, den Ausbau von Photovoltaikanlagen sowie die Umstellung auf erneuerbare Energien vorsieht. mehr...

Preisträgerinnen und Preisträger des niedersächsischen Wettbewerbs „Klima kommunal 2024“.

Niedersachsen: Klimakommunen 2024 ausgezeichnet

[11.09.2024] Der Landkreis Cuxhaven und die Stadt Goslar sind als „Niedersächsische Klimakommunen 2024“ ausgezeichnet worden. Mit ihren innovativen Klimaschutzprojekten setzten sie sich in einem Wettbewerb mit 82 Projekten durch. mehr...

Bremen: CO2-Reduktion stagniert

[05.09.2024] Der CO2-Ausstoß im Land Bremen ist im Jahr 2022 fast unverändert geblieben, wie ein neuer Bericht zeigt. Um die Klimaziele zu erreichen, mahnt Bremens Umweltsenatorin Kathrin Moosdorf ein entschlossenes Vorgehen an. mehr...

Niedersachsen: Elf Sieger bei „Klima kommunal“

[05.09.2024] Elf niedersächsische Kommunen wurden für vorbildlichen Klimaschutz im Wettbewerb „Klima kommunal“ 2024 ausgezeichnet. mehr...

Chemnitz wurde als Energiekommune für den Monat August ausgezeichnet.

Chemnitz: Bürger gestalten Energiewende mit

[02.09.2024] Die AEE zeichnet im August 2024 die Stadt Chemnitz als Energie-Kommune des Monats aus. Grund ist das gemeinsame Gestalten der Energiewende mit Bürgern, Wirtschaft und Wissenschaft. mehr...

Auch in diesem Jahr wurde ein Großteil der Förderung des Programms KlimaBonus Karlsruhe für Photovoltaikanlagen beantragt.

Karlsruhe: Fördermittel komplett abgerufen

[09.08.2024] Bereits jetzt sind die Mittel des städtischen Förderprogramms „KlimaBonus Karlsruhe“ in Höhe von zwei Millionen Euro vollständig ausgeschöpft. mehr...

Die Stadtwerke Münster planen den Bau großer PV-Freiflächen-Anlagen

Münster: Fortschritte auf dem Weg zur Klimastadt

[02.08.2024] Die Stadt Münster verzeichnet erhebliche Fortschritte in ihren Klimaschutzprojekten. Unternehmen, Institutionen und Bürger tragen dabei zum Klimastadt-Vertrag bei und setzen zahlreiche Maßnahmen um. mehr...

Magdeburg: Neuer Klimabeirat nimmt Arbeit auf

[02.08.2024] In Magdeburg hat jetzt ein 18-köpfiges Expertengremium seine Arbeit aufgenommen. Es soll die Landeshauptstadt bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen und dem „Masterplan 100 % Klimaschutz“ unterstützen. mehr...

Der Rat der Metropolregion hat den Klimapakt einstimmig in der vergangenen Ratssitzung verabschiedet.

Metropolregion Nürnberg: Neuer Klimapakt beschlossen

[01.08.2024] Mit der Verabschiedung eines aktualisierten Klimapakts hat die Metropolregion Nürnberg einen wichtigen Schritt in Richtung Klimaneutralität bis 2040 gemacht. Im Mittelpunkt steht die interkommunale Zusammenarbeit. mehr...

Im Hafen Kehl entstehen jetzt Landstromanlagen.

Kehl: Ökostromanschlüsse für Hafen

[30.07.2024] Das Land Baden-Württemberg und der Bund unterstützen jetzt den Bau von Landstromanlagen im Hafen Kehl mit rund 1,1 Millionen Euro. Diese Anlagen versorgen Schiffe mit erneuerbarer Energie und reduzieren dadurch die CO2-Emissionen in der Binnenschifffahrt. mehr...

Der KEA-BW erstellt aus den Informationen der Kommunen einen individuellen Kommunensteckbrief.

Baden-Württemberg: Energieverbrauch übermittelt

[29.07.2024] In Baden-Württemberg haben 547 von 1.136 Kommunen und Landkreisen ihre Energieverbräuche für 2023 fristgerecht veröffentlicht. Die KEA-BW erstellt auf Basis dieser Daten individuelle Steckbriefe, die den Gemeinden helfen, ihre Energiedaten zu analysieren und Einsparpotenziale zu identifizieren. mehr...

Gemeinsam mit 71 weiteren Kommunen hat die Stadt Gütersloh das dritte Kommuniqué im Rahmen der Klimakampagne OWL unterzeichnet.

Gütersloh: Stadt setzt sich Klimaschutzziele

[23.07.2024] Auf dem dritten Klimagipfel OWL in Detmold haben die Stadt Gütersloh und 71 weitere Kommunen ein neues Kommuniqué unterzeichnet. Schwerpunkte sind die klimafreundliche Wärmeplanung, der Ausbau der Windenergie und eine Wissensoffensive zur Förderung der Akzeptanz lokaler Klimaschutzprojekte. mehr...