European Energy AwardEnzkreis auf Goldkurs

Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller (4.v.l.) würdigt den Erfolg des Energie-Teams.
(Bildquelle: Bundesgeschäftsstelle des European Energy Award)
In den vergangenen Monaten gab es im baden-württembergischen Enzkreis gleich zweimal einen Grund zum Feiern. Im November 2012 konnte Landrat Karl Röckinger in Brüssel aus den Händen von Energiekommissar Günther Oettinger den European Energy Award (eea) in Gold entgegennehmen. Im Februar dieses Jahres wurde die Leistung des Enzkreises noch einmal auf Landesebene von Umweltminister Franz Untersteller gewürdigt. Damit zählt der Enzkreis nun zu den Europäischen Energie-und Klimaschutzkommunen und wird diesen Titel alle drei Jahre verteidigen. „Die Auszeichnung ist ein schöner Anreiz“, so Landrat Karl Röckinger, „aber viel wichtiger ist es, dass wir durch den eea das globale Thema Klimaschutz für uns strukturiert in Angriff genommen haben und uns nun in einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess befinden. Mithilfe des eea möchten wir unser Ziel erreichen, ab dem Jahr 2050 klimaneutral zu sein.“
Klimaschutz mit Motto
Die Stelle einer Klimaschutzbeauftragten hatte der Enzkreis Ende 2009 geschaffen. Unter dem Motto „Enzkreis-Klima-Wendekreis“ startete die Kreisverwaltung mit einem eigenen Logo als Erkennungs- und Identifikationszeichen für alle künftigen Aktivitäten im Klimaschutz. Schon bald stellte sich die Frage, wie dieses komplexe Thema strukturiert angegangen werden kann und wie sich kommunale Energie- und Klimaschutzpolitik optimieren und erfolgreich umsetzen lässt. Die Kreisverwaltung entschied sich dafür, nicht klassisch mit einem Klimaschutzkonzept zu beginnen, sondern am eea teilzunehmen.
Der European Energy Award stellt ein Programm für eine umsetzungsorientierte Energie- und Klimaschutzpolitik in Gemeinden, Städten und Landkreisen dar. Konkret handelt es sich dabei um ein vielfach erprobtes Qualitätsmanagement-System und Zertifizierungsverfahren mit anschließender Auszeichnung, das auf europäischer Ebene entwickelt wurde. Kernstück des Audit-Tools ist ein Fragenkatalog zu den sechs wichtigsten kommunalen Handlungsfeldern: Entwicklungsplanung, Gebäude und Anlagen, Ver- und Entsorgung, Mobilität, interne Organisation sowie externe Kommunikation. Das Tool ermöglicht eine strukturierte Ist-Analyse und die Erstellung eines Stärken-Schwächen-Profils, mit dessen Hilfe zukünftige Potenziale erkannt werden können. So können konkrete Maßnahmen, die für die Kommune einen hohen effektiven Nutzen haben, leichter identifiziert werden.
Go for Gold
Seine Bewerbung für den European Energy Award startete der Enzkreis Ende 2010, als erstmals eine Teilnahme von Landkreisen zulässig war. Zuvor konnten sich nur Gemeinden und Städte beteiligen. Hierfür wurde zunächst ein Lenkungsteam (Energie-Team) mit Führungskräften aus allen betroffenen Bereichen gebildet. Den Vorsitz übernahm der Umweltdezernent, die Geschäftsführung liegt bei der Klimaschutzbeauftragten. Innerhalb eines Jahres wurde der umfangreiche Fragenkatalog des eea durchgearbeitet und die Ausgangssituation im Enzkreis abgebildet. Gleichzeitig wurden in vielen Bereichen neue Projekte gestartet. Es wurden ein Klimaziel formuliert, eine erste CO2-Bilanz erstellt und ein energiepolitisches Arbeitsprogramm entwickelt.
Zum Zeitpunkt der ersten Bewertung im Frühjahr 2012 erreichte der Enzkreis auf Anhieb 66 Prozent der möglichen Punkte. Damit war die erste große Hürde genommen: Der European Energy Award wird ab der Hälfte der insgesamt zu erreichenden Punkte vergeben. Ab einem Wert von 75 Prozent der Punkte erhalten Teilnehmer die Auszeichung in Gold, die es zu diesem Zeitpunkt für Landkreise aber noch nicht gab. In dieser entscheidenden Phase, in der sich das Team des Kreises fragte, ob es sich nun zurücklehnen oder noch einmal Gas geben sollte, feuerte Landrat Röckinger die Mannschaft mit Ausgabe der Devise „Go for Gold“ noch einmal an. Denn zwischenzeitlich war bekannt geworden, dass es den eea in Gold nun erstmalig auch für Landkreise geben wird.
Die erste nationale Zertifizierung war für Juni 2012 vorgesehen. Das Ergebnis überraschte das Energie-Team dann sehr: Auf Anhieb konnten rund 76 Prozent der Punkte und damit die Goldmarke erreicht werden. Allerdings ergaben sich formale Hindernisse, weil das Thema eea in Gold für Landkreise noch ganz neu war und die Situation, dass eine Kommune dieses Ziel sofort erreicht, sehr selten ist. Mit einiger Mühe konnte eine schnelle Lösung gefunden werden: Der Enzkreis musste sich innerhalb von nur zwei Monaten auch der internationalen Zertifizierung stellen, um noch im Jahr 2012 mit dem Gold-Award ausgezeichnet werden zu können. Das internationale Audit im August erbrachte dann das erfreuliche Ergebnis von knapp 77 Prozent der Punkte. Diese Bewertung wurde anschließend im internationalen Vergleich zwar noch einmal kritisch unter die Lupe genommen und auf 75 Prozent korrigiert, die Fahrkarte zur Preisverleihung nach Brüssel hatte sich der Enzkreis dennoch gesichert.
Vielfältige Maßnahmen
Entscheidend für den Erfolg des Kreises waren im Rückblick vor allem die klare Projektstruktur und das Projekt-Management. Ein konkreter Auftrag (Go for Gold), konkrete Ziele und ein stringenter Zeitplan sind ebenso wesentlich. Die Mitarbeiter im Enzkreis sind es nach einem langen internen Modernisierungsprozess gewohnt, effizient zusammenzuarbeiten und große Projekte in kurzer Zeit zum Erfolg zu führen. Die Arbeit des Energie-Teams war kreativ und auch von einem gesunden Sportsgeist geprägt. Nicht zuletzt zogen auch die Beraterin von der Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg (KEA) und die Auditoren mit der Kommune an einem Strang.
Zu den Maßnahmen und Projekten, die konkret zum Erfolg beigetragen haben, gehörten auf Ebene des Landkreises neben der engen Kooperation mit der Energieagentur, den Energieversorgern und anderen Akteuren im Kreis unter anderem eine breit angelegte Bewusstseinsbildung durch Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Darüber hinaus wurden ein Teilklimaschutzkonzept für alle Liegenschaften des Kreises entwickelt, Investitionen in Energieeffizienzmaßnahmen und erneuerbare Energien getätigt, eine Task Force „Erneuerbare Energien“ für Genehmigungsverfahren von Anlagen gebildet und ein Energie-Controlling etabliert. Zudem hat der Enzkreis Anreizsysteme zum Energiesparen geschaffen, bietet eine Energieberatung in der Fläche an, fördert den öffentlichen Nah- und den Radverkehr und ist in die Elektromobilität eingestiegen. Zum guten Abschneiden beim eea trugen auch das ausgereifte Abfallwirtschaftskonzept und eine moderne Verwaltung im Sinne des New Public Management bei. Darüber hinaus arbeitet der Enzkreis im Rahmen so genannter MORO-Projekte (Modellvorhaben Raumordnung) bei den Themen Klimawandel und Klimaanpassung mit den Regionalverbänden Nordschwarzwald und Mittlerer Oberrhein zusammen. Um dem globalen Anspruch des Themas gerecht zu werden, wurde zudem eine Klimapartnerschaft mit dem Masasi District in Tansania geschlossen.
Manager der Energiewende
Durch den European Energy Award befindet sich der Enzkreis in einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess. Klimaschutz- und Energiefragen sind nun Themen im gesamten Haus und in den maßgeblichen Köpfen. Dadurch liegt jetzt vor allem im Bereich Liegenschaften und Energieverbrauch eine wesentlich bessere Datenlage vor. Entscheidungen werden ab sofort immer im Lichte der Anforderungen des eea getroffen. Zwingende Voraussetzung für die Teilnahme am eea ist die Festlegung eines verbindlichen und messbaren Klimaziels. Im Enzkreis orientiert sich dieses bereits an den Anforderungen des geplanten Klimaschutzgesetzes Baden-Württemberg. Konkret strebt die Kommune eine Reduzierung der CO2-Emissionen um 25 Prozent bis zum Jahr 2020 und Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 an. Die Zielerreichung wird künftig mithilfe einer CO2-Bilanz gemessen.
Die Weltklimakonferenzen zeigen leider deutlich, dass die entscheidenden Impulse für eine Energiewende auf internationaler Ebene momentan nicht zu erwarten sind. Vielmehr lässt sich erkennen, dass die maßgeblichen Anstöße von unten kommen: Die Bürgermeister und Landräte sowie die Bürger selbst, etwa in Form von Energiegenossenschaften, sind die Manager der Energiewende.
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