Samstag, 23. November 2024

StraubingSonnenenergie aus der Erde

[14.02.2013] Eine Energiehaussiedlung im bayerischen Straubing wird mit Erdwärme beheizt, die dicht an der Oberfläche entsteht und mit einer neuen Kollektoren-Technik gewonnen wird.
Geo-Kollektoren nutzen Wärme

Geo-Kollektoren nutzen Wärme, die dicht an der Erdoberfläche entsteht.

(Bildquelle: Privat)

„Hochwertiger Wohnraum, günstiger Unterhalt und bezahlbare Wärmetechnik sind heutzutage kein Widerspruch mehr“, sagt Johann Atzberger, Geschäftsführer der AS Energiehaus GmbH. „Das sind die neuen Kundenanforderungen in Zeiten der Energiewende“. In Straubing konnten diese Anforderungen auf kleinster Fläche mit einer maximalen Ressourcenausbeute erfüllt werden. Es handelt sich um eine Grundstücksfläche von knapp 5.000 Quadratmetern mit fünf Einfamilienhäusern und acht Doppelhaushälften. Die Gebäude entsprechen alle der KfW-Effizienzhaus-Klasse 40. Nach dem Gebäude-Energieausweis entspricht dies der Spitzenkategorie A.
Bei den Gebäudeziegeln wurde bewusst auf die Ummantelung mit Dämmplatten verzichtet. Stattdessen wurden massive 47 Zentimeter dicke Naturziegel mit einer innenliegenden, atmungsaktiven Dämmung eingesetzt. Dadurch bleibt das natürliche Wohnklima erhalten. Auf die Dächer wurden Photovoltaikmodule montiert. Somit wird nach Aussage von Atzberger die komplette Siedlung über Generationen hinweg energieautark sein.

Kostenlose Wärmequelle

Als zukunftsorientierte, nachhaltige Lösung wird Erdwärme genutzt. Dieser Wärmespeicher befindet sich unter der Erdoberfläche. Bis zu einer Tiefe von zehn Metern entspricht Erdwärme gespeicherter Sonnenenergie, die kostenlos in Anspruch genommen werden kann. Bereits in einer Tiefe von etwa 1,5 Metern ist Erdwärme nutzbar und auch an frostreichen Tagen hat der Boden häufig noch eine Temperatur von etwa fünf Grad Celsius. Um diese Wärme ganzjährig nutzen zu können, kann zum Beispiel eine Sole-Wärmepumpe, auch Sole-Wasser-Wärmepumpe genannt, genutzt werden: Wasser und etwas Glykol werden durch die Wärmepumpe transportiert, die dann dem Erdreich die durch Sonneneinstrahlung entstandene Restwärme entzieht. Für diesen Prozess ist eine Energiezufuhr von einem Kilowatt erforderlich. Dafür lassen sich mit der Pumpe sechs Kilowatt Heizleistung aus der Erde gewinnen. Die Wärmepumpen in Straubing sind im Keller der Häuser untergebracht. Von dort führen Rohrsysteme in den Außenbereich des Grundstücks zu den Kollektoren.
Um die knapp unter der Oberfläche vorhandene Erdwärme zu gewinnen, sind so genannte Absorbermodule notwendig. Diese gliedern sich in großflächig ausgelegte Flächenkollektoren, bis zu 50 Meter tief in die Erde gebohrte Erdsonden sowie Geo-Kollektoren, die in Reihe geschaltet verbaut werden. Aufgrund der kleinen Grundstücksflächen in Straubing entschied sich der Bauherr, die Geo-Kollektoren der Firma GeoCollect aus Regensburg einzusetzen. Die Kollektoren, deren Module aus einem materialgeprüften und erdreichresistenten Kunststoff bestehen, wurden in geringer Tiefe verlegt. Dazu war ein kleiner Erdaushub von zehn Metern Länge, drei Metern Breite und etwa 1,5 Metern Tiefe pro Haus erforderlich. Ähnlich wie bei einem Wasserkanal wurden die Geo-Kollektoren dann in drei Bahnen mit insgesamt 72 Modulen an der linken und rechten Seite des zuvor ausgehobenen Grabens montiert. Danach wurde der Graben wieder mit dem Aushub gefüllt und verdichtet. Für eine Heizleistung von etwa sechs Kilowatt wäre bei den konventionellen Flächenkollektoren ein Gebiet von 300 Quadratmetern pro Haus nötig gewesen. Das entspricht Erdbewegungen von knapp 6.000 Kubikmetern Aushub. Mit den Geo-Kollektoren sind es maximal 750 Kubikmeter für die ganze Siedlung – eine enorme Einsparung an Arbeitszeit und Maschineneinsatz. Auch die teuren, genehmigungspflichtigen Erdbohrungen, wie sie bei der Erdsondentechnik angewendet werden, entfallen beim Einsatz von Geo-Kollektoren. Der Einbau ist lediglich beim Landrats- und Wasserwirtschaftsamt anzeigepflichtig.

Sole-Wärmepumpe im Betrieb

Eine Sole-Wärmepumpe hat üblicherweise eine Leistung zwischen sechs und dreizehn Kilowatt. Einzelne Pumpen lassen sich um Kühl- und Lüftungsfunktionen ergänzen. Bei ihrem Betrieb entsteht nur ein geringer Wartungsaufwand. Zudem werden sie ab einer Jahresarbeitszahl von 3,3 ökologisch sinnvoll betrieben. In Straubing liegen sie mit einer Jahresarbeitszahl von 4,2 über dieser Mindestanforderung. Um ein Einfamilienhaus mit 150 Quadratmetern zu beheizen, liegen die Stromkosten mit einer modernen Anlage bei unter 500 Euro im Jahr. Heizen mit Gas kann etwa drei- bis viermal so teuer sein.
Mit der Wärmepumpe kann über die Energienutzung des Bodens auch passiv gekühlt werden. Wenn das nicht ausreicht, kann die Funktionsweise der Pumpe in ihr Gegenteil verkehrt und somit aktiv gekühlt werden. Auch für diese Funktionen fallen nur niedrige Betriebskosten an.

Norbert Raps ist als Unternehmensberater tätig.




Anzeige

Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Geothermie

München: Allianz für den Klimaschutz

[18.11.2024] Die Landeshauptstadt München, acht Kommunen der NordAllianz und die Stadtwerke München wollen enger zusammenarbeiten, um den Ausbau erneuerbarer Energien voranzutreiben und die Versorgungssicherheit zu verbessern. mehr...

zusehen sind drei Vibro-Trucks, die den Untergrund in der Stadt Münster untersuchen sollen.

Münster: Stadt wird durchgerüttelt

[24.10.2024] Die Stadtwerke Münster starten Anfang November eine groß angelegte geologische Erkundung, um das Potenzial der Tiefengeothermie auszuloten. Diese könnte in Zukunft einen großen Teil des Wärmebedarfs in Münster klimaneutral decken. mehr...

Das Bild zeigt einen Bohrplatz für tiefe Bohrungen.

Fraunhofer-Studie: Vorhandene Bohrlöcher nutzen

[23.10.2024] Eine neue Studie des Fraunhofer IEG zeigt, dass alte Erdgasbohrungen für die Gewinnung von Erdwärme genutzt werden können. Insbesondere für Kommunen im norddeutschen Becken könnten ungenutzte Bohrungen eine wertvolle Wärmequelle darstellen. mehr...

Das Bild zeigt einen Bohrkopf für Geothermiebohrungen.

Praxisforum Geothermie.Bayern: Goldenes Heizwerk steht in München

[21.10.2024] Die bayerischen Geothermieanlagen haben im Jahr 2023 etwa 2,8 Terawattstunden Wärme erzeugt und einen bedeutenden Beitrag zur Wärmewende geleistet. Im Rahmen des Praxisforums Geothermie.Bayern wurden herausragende Anlagen für ihre Effizienz prämiert. mehr...

Luftaufnahme von Messtrucks in einem Wald.

Tiefe Geothermie: Bochums Untergrund wird kartiert

[21.10.2024] Um das Aufsuchen untertägiger Wärmespeicher zu erleichtern, wird jetzt ein fünf Kilometer langes Stück des Bochumer Untergrunds kartiert. Die Messungen reichen bis in 2.000 Meter Tiefe und sollen bis einschließlich Februar 2025 stattfinden. mehr...

Eavor und enercity schließen Wärmeliefervertrag

Hannover: Geothermieprojekt startet

[16.10.2024] Die Stadt Hannover geht einen weiteren Schritt in Richtung Wärmewende: Gemeinsam mit dem Energieversorger enercity und der Firma Eavor soll Erdwärme für das Fernwärmenetz gewonnen werden. Jetzt sind die ersten Vorbereitungen für das Geothermieprojekt gestartet. mehr...

Spatenstich in München für die größte Geothermieanlage Kontinentaleuropas.

München: Spatenstich für Geothermieanlage

[07.10.2024] In München haben jetzt die Bauarbeiten für die größte Geothermieanlage in Europa begonnen. Die Anlage am Michaelibad soll ab 2033 rund 75.000 Haushalte in der Region mit klimaneutraler Fernwärme versorgen und ist ein wichtiger Baustein für die Wärmewende der Stadt. mehr...

NRW-Geothermiekonferenz: Schatz aus der Tiefe heben

[07.10.2024] Nordrhein-Westfalen will 20 Prozent seines Wärmebedarfs klimaneutral aus Erdwärme decken. Auf der 19. NRW-Geothermiekonferenz werden aktuelle Projekte und technologische Entwicklungen für die kommunale Wärmeplanung vorgestellt. mehr...

NRW: Geld für Aachener Geothermie

[19.09.2024] NRW fördert eine wichtige Vorerkundung für ein Geothermieprojekt der Stadtwerke Aachen. mehr...

Die Gemeinde Grünwald sparte im Jahr 2023 rund 22.000 Tonnen CO2 durch die Nutzung der Tiefengeothermie.

Drees & Sommer: Tiefengeothermie auf Expansionskurs

[16.09.2024] Die Tiefengeothermie in Bayern befindet sich auf Expansionskurs. Dank neuer Projekte soll die klimafreundliche Wärmequelle künftig einen noch größeren Beitrag zur Wärmewende in Bayern leisten. mehr...

Baustellenbesichtigung: Im Norden von Frankfurt am Main entsteht ein zukunftsweisendes Klimaschutzquartier.

Frankfurt am Main: Klimaschutzquartier im Bau

[10.09.2024] In Frankfurt entsteht ein neuer Vorzeigestadtteil: Im Hilgenfeld sollen rund 2.500 Menschen mit klimaschonender Energie versorgt werden. Das innovative Energiekonzept kombiniert Geothermie, Solarenergie und Blockheizkraftwerke. mehr...

Altenburg: Kaltes Nahwärmenetz in Betrieb

[09.09.2024] In Altenburg wurde jetzt ein innovatives kaltes Nahwärmenetz offiziell in Betrieb genommen. Das Projekt, das über 100 Gebäude mit nachhaltiger Geothermie versorgen soll, gilt als Vorbild für die klimafreundliche Wärmeversorgung im Ahrtal und Rheinland-Pfalz. mehr...

12 Uhr Mittags: Thomas Finkeldey

LBEG: Schicht im Schacht Steinförde

[23.07.2024] Eine geplante geothermische Nachnutzung des Kalischachts Steinförde in Wietze wird nicht umgesetzt. Das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) und der Verein Geoenergy Celle haben festgestellt, dass die wirtschaftlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind. mehr...

Kick-off-Treffen des Geothermieprojekts AGENS in Speyer.

Speyer/Schifferstadt: Geothermieprojekt AGENS gestartet

[12.07.2024] In den Städten Speyer und Schifferstadt soll Erdwärme für die Nah- und Fernwärmeversorgung genutzt werden. Das Projekt AGENS will durch innovative Bohrtechniken die Dekarbonisierung und Unabhängigkeit der Energieversorgung vorantreiben. mehr...

So funktioniert die Tiefe Geothermie in Neustadt-Glewe.

Neustadt-Glewe: Tiefengeothermie zur Wärmewende

[28.06.2024] Die AEE zeichnet im Juni die Stadt Neustadt-Glewe als Energie-Kommune des Monats aus. Einer der Gründe ist die effiziente Nutzung von Tiefengeothermie. mehr...